Die „Pikler-Pädagogik“ beruft sich auf die ungarische Kinderärztin Emmi Pikler, die 1902 in Wien geboren wurde und nach einigen Jahren in Ungarn auch wieder hier Medizin studierte. Zu Beginn ihrer Karriere arbeitete sie in Budapest als private Kinderärztin, die sich bald einen guten Ruf aufbaute. Nach dem Krieg eröffnete sie ihre Privatpraxis aber nicht wieder, sondern gründete das Säuglingsheim „LÓCZY“, das sie bis 1979 leitete. Sie legte bei der Betreuung der Säuglinge großen Wert auf eine beziehungsvolle Pflege, die die kleinen Schützlinge emotional auftanken ließ. Besonders wichtig war ihr dabei die Orientierung durch immer gleiche Abläufe und das Einhalten der Reihenfolge sowie die exklusive Zeit mit der Pflegerin in diesen Situationen. In der Bewegung und im Spiel wurde den Kindern ein freier Rahmen geboten, sowie sie es auch schon selbst bei ihrer eigenen Tochter und ihren beiden nach dem Krieg geborenen Söhnen angelegt hatte. Die freie Bewegungsentwicklung und ihre daraus entstehenden Möglichkeiten beschäftigte sie ihr ganzes Leben und war auch Thema ihrer Habilitation 1969.
Durch eine Studie der Weltgesundheitsorganisation WHO wurde die Öffentlichkeit auf das Wirken von Emmi Pikler aufmerksam. Die Besucher/innen sahen ausgeglichene, lebensfrohe und aktive Kinder, die zu selbstbewussten und eigenständigen Menschen heranwachsen konnten, ohne die sonst so typischen Anstaltsschäden aufzuweisen. Durch zahlreiche Publikationen fand ihre Arbeit in den letzten Jahren ihres Lebens immer mehr Anerkennung im In- und Ausland. 1984 starb Emmi Pikler nach kurzer, schwerer Krankheit.
Ihre Ideen leben aber weiter und erfreuen sich immer größerer Bekanntheit. Viele Einrichtungen übernehmen die Grundlagen aus der Pikler-Forschung für ihre Konzepte in Krippen und Kindergärten. Durch das Angebot von Eltern-Kind-Gruppen – den so genannten Spielräumen – gibt es auch die Möglichkeit für junge Familien selbst schon früh die Haltung und Ansätze dieser besonderen Kleinkind-Pädagogik kennenzulernen.